Haushaltsrede zum Doppelhaushalt 2024/2025 des Kreistages Limburg-Weilburg

Sabine Häuser-Eltgen für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Sehr geehrter Herr Kreistagsvorsitzender,

sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,

sehr geehrte Mitglieder der Verwaltung,

werte Presse und werte Gäste,

zunächst wie immer einen herzlichen Dank an die Verwaltung für die Gestaltung des umfangreichen Werks. Besonders die über 100 Seiten Haushaltsvorbericht konnten im Vorfeld einen guten Überblick über die finanzielle Situation und die Schwerpunkte des Haushalts vermitteln. Bedanken möchten wir uns auch für die ausführliche Beantwortung unserer Fragen zum Haushalt, das erleichtert die Einschätzung der betreffenden Themengebiete enorm. Wir möchten uns weiterhin ausdrücklich bedanken, dass unsere Anregung, trotz der knappen Beratungszeit auch die Fachpolitikerinnen und Politiker zu beteiligen, aufgegriffen wurde.

Das Motto des Haushalts heißt „Kurs halten und Krisen bewältigen“. Zweifelsohne ein ambitioniertes Motto, können wir doch heute noch nicht den Umfang der Krisen von morgen vorhersagen. Wir sehen es daher als optimistische Absichtserklärung, um den Menschen im Kreis Stabilität und Sicherheit zu vermitteln.

Diese Menschen erwarten zu Recht von uns allen die wir hier sitzen, dass wir zur Lösung wichtiger Probleme beitragen und dass wir die bestehenden Herausforderungen anpacken.

Mit den Auswirkungen der Coronakrise, den beiden Kriegen, der Klimakrise, und mit der fortschreitenden sozialen Spaltung haben wir große Probleme, die uns wirtschaftlich, aber auch menschlich fordern und auch weiter fordern werden. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen wir alle an einem Strang ziehen. Nur so können wir Krisen bewältigen und weiterhin für eine sichere und gute Zukunft der Bürgerinnen und Bürger unseres Kreises sorgen.

Um Krisen bewältigen zu können und um krisensicher aufgestellt zu sein, müssen alle Ebenen in unserer kommunalen Verwaltung hinsichtlich der sozial-ökologischen Herausforderungen bestmöglich handlungsfähig sein. Krisensicher aufgestellt zu sein heißt, dass die Verwaltung auch bei künftigen Gefahren- oder Katastrophenlagen – wie etwa einer weiteren pandemischen Lage oder einer Finanzkrise – aktiv auf diese reagieren kann und dennoch ausreichend Ressourcen zur Bewältigung bestehender Krisen vorhalten kann.

Derzeit sieht das ja auch mit dem Kurs halten ganz gut aus. Wir müssen entgegen den Prognosen beim Aufstellen des letzten Doppelhaushalts noch keine Liquiditäts- und Innovationskredite aufnehmen, wir können Schulden abbauen, die Kommunen unterstützen, in beiden Jahren Überschüsse erwirtschaften und wir haben die die niedrigsten Hebesätze seit 1992.

Es stellt sich aber die Frage, wie wird der Haushalt in Zukunft aussehen?

Wir haben zwar mehr Geld zur Verfügung, weil unsere Zuwendungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich seit Jahren stetig steigen, gleichzeitig sind aber die Aufwendungen im Verhältnis viel stärker gestiegen. Die bisherigen Aufgaben werden also immer teurer, Kosten für Sachaufwendungen und Personal steigen. Und wir haben neue, zusätzliche Aufgaben, allen voran etwa die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Da wird es in Zukunft immer schwerer fallen zusätzliche Krisen zu meistern, und Kurs zu halten, wird dann eine Mammutaufgabe. Bereits jetzt schon birgt der vorliegende Entwurf erhebliche mittel- und langfristige Risiken wie etwa Personalkostenentwicklung, Fachkräftemangel, Baukostensteigerungen beim Krankenhausneubau uns Rathaussanierung oder eventuelle Verlustausgleiche bei Beteiligungen, um nur ein paar zu nennen.

So viel zur allgemeinen Lage, zum Haushalt selbst haben wir folgende Anmerkungen:

Die Herausforderungen im Bereich Klimaschutz und Klimawandelanpassung sollen im Kreis als kommunale Querschnittsaufgabe begriffen werden, die eine systematische und integrierte Herangehensweise verlangt. Es gilt hier sinnvoll Ressourcen wie Finanzen und Personal mit Wirkungszielen zu verbinden. Die im Haushalt als Ziel definierte echte Klimaneutralität bis 2030 ist ambitioniert und es muss uns allen klar sein, dass dieses Ziel nicht zum Nulltarif zu erreichen ist.

Für eine Klimaneutralität kreisweit werden weiterhin neue Photovoltaikanlagen eine entscheidende Rolle spielen, auf Dächern, an Fassaden, und auch als Freiflächenlagen. Unsere kontinuierlichen Forderungen aus den vergangenen Jahren, Ausbau des Fachbereichs Klimaschutzmanagement, mehr PV-Anlagen auf kreiseigenen Dächern (diesen Antrag haben wir übrigens schon 2010 gestellt), finden sich diesmal in Form von Investitionen im Haushalt wieder.

Eine weitere, für uns Grüne besonders wichtige Investition in die Zukunft und den Klimaschutz, ist die Investition in den ÖPNV. Der Ausbau und die verbesserte Nutzung des ÖPNV sind wesentlich für den Schutz unseres Klimas in unseren Städten. Hier möchten wir mahnend anmerken, dass die VLDW in vergangenen Jahren Liquiditätsreserven aufgebaut hat, die jetzt noch weiter abgeschmolzen werden, durch verringerte Zuschüsse aus dem Kreishaushalt. Für die Weiterentwicklung des ÖPNV wünschen wir uns Lückenschlüsse und Verbesserungen im Liniensystem.

Wir freuen uns sehr, dass das von uns in den entsprechenden Gremien intensiv begleitete Radverkehrskonzept jetzt in der finalen Phase ist und ab 2025 1.5 Millionen € für den Radwegebau im Haushalt stehen. Wir begrüßen auch die zusätzlichen Stellen für Nahmobilitätskoordinatoren, die durch das Land Hessen gefördert werden. Wir hoffen, dass diese schnell besetzt werden können.

Die Fortführung der energetischen Sanierung der Schulgebäude sehen wir ebenfalls als wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, hier gilt es zukünftig eher noch mehr Geld in die Hand zu nehmen. Durch den Einbau einer Außenwanddämmung können rund 22.000 Kilowattstunden Energie pro Jahr eingespart werden. Dies entspricht dem Gegenwert von 2.000 Litern Heizöl pro Jahr und spart der Atmosphäre jährlich 11 Tonnen CO2. Jede Tonne eingespartes CO2 dient dem Klimaschutz.

Wir begrüßen auch den weiteren Fortgang der Digitalisierung mit der pflichtgemäßen Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes und der Einführung der elektronischen Akte sowie des weiteren Ausbaus der digitalen Infrastruktur der Schulen im Rahmen des Digitalpaktes Schule. Es ist eine enorme Aufgabe, in die wir zu Recht auch als Kreis viel Geld investieren. Auch die weitere Ausstattung unserer Schulen mit moderner Präsentationstechnik und die zukünftigen Folgekosten erfordern vom Kreis den Einsatz hoher Eigenmittel. Diese Investitionen ermöglichen aber den Schulen, einen Unterricht zu gewährleisten, der den aktuellen Stand der Technik mit einbezieht und damit auch Schülerinnen und Schülern im ländlichen Raum Chancengleichheit und Zukunftsfähigkeit gewährt.

Für ganz wesentlich erachten wir in diesem Zusammenhang auch die veranschlagten Investitionen für die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter ab 2025/26. Ganz klar ist, dass dies eine Aufgabe ist, die nicht ohne die Mithilfe der Kommunen gehen wird. Daher wird zukünftig trotz der großen Unterstützung des Bundes eine weitere Erhöhung der Schulumlage leider nicht vermeidbar sein. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken ist es wichtig, dass die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht wird, auch etwas für das wir GRÜNE uns seit Jahrzehnten einsetzen. Hier möchte ich mir eine persönliche Bemerkung erlauben: Der Ausbau hätte aus feministischer Sicht schon lange vor dem Fachkräftemangel intensiv betrieben werden sollen, um es vor allem Frauen zu ermöglichen, ihren Beruf ohne lange Unterbrechungen auszuüben. So bleibt der Eindruck, dass die Forcierung des Ausbaus nur den Bedarfen der Wirtschaft geschuldet ist und nicht der Förderung der Gleichstellung.

Ein eher geringer Betrag im Haushalt freut uns besonders: für die Fortführung des Projekts „Pimp your Kreistag“ wurden 15.000 € eingestellt. Dieses Projekt, dessen Fortführung wir mitbeantragt haben, ist gerade in diesen turbulenten Zeiten immens wichtig. In Zeiten, wo Demokratie nicht mehr selbstverständlich erscheint, sind diese 15.000 € sehr gut investiert, um Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit zu geben, ihre Wünsche einzubringen. Wir sind aber enttäuscht von der Umsetzung der Ergebnisse im Kreistag. Hier wünschen wir uns zukünftig einen zeitnahen Umgang mit den Ergebnissen, um den Schülerinnen und Schülern auch die Nachhaltigkeit ihres Handelns zu vermitteln.

Ein weiterer Schwerpunkt im Haushalt bilden die Ausgaben für die Aufgabe Migration, die mehr als ein Drittel des Ergebnishaushalts betragen. Hier möchten wir uns bei Herrn Landrat Köberle für den sachlichen und vorausschauenden Umgang mit dem schwierigen Thema Migration bedanken. Das Thema wird finanziell und gesellschaftlich weiterhin eine große Herausforderung bleiben und wir sollten im Kreis den von uns eingeschlagenen Kurs der Sachlichkeit und Vorausplanung beibehalten.

Trotz des Lobs haben wir aber auch weitere Kritikpunkte, uns fehlen wirkungsvolle Ansätze beim Thema sozialer Wohnungsbau. Auch lange bevor sich ein Bündnis im Landkreis gebildet hat, haben wir uns im letzten Jahrzehnt mehrfach mit dem Thema befasst und auch entsprechende Anträge im Kreistag gestellt. Wir GRÜNE sind der Ansicht, dass die Erhöhung der Fördersätze bei Neubauten im Rahmen des Zukunftsfonds als Maßnahme nicht ausreichen werden. Die Förderung von selbst genutztem Wohneigentum für Menschen mit geringerem Einkommen mithilfe von Darlehen beim Hauskauf durch den Kreis ist zwar eine positive Maßnahme, sie hilft aber nicht den Menschen, die keine Wohnung finden, weil sie nur den Mindestsatz zum Leben haben. Seit Jahren sind die Frauenhäuser blockiert, weil die Verweildauer aufgrund von Wohnungsmangel viel zu lang ist. Ähnlich ist es mit der Verweildauer von Geflüchteten in Unterkünften, aber auch Rentnerinnen und Rentner, Alleinerziehende und Personen mit Wohnungsberechtigungsschein müssen oft monatelang suchen, bis sie eine bezahlbare Wohnung finden.

Hier sehen wir einen dringenden Handlungsbedarf auch seitens des Landkreises.

Da viele für uns wichtige Ansätze im Haushalt enthalten sind, z.B. im Bereich Klimaschutz und Ausbau des Radverkehrs, stimmen wir der Haushaltssatzung und dem Haushaltsplan einschließlich des Investitionsprogramms zu.

Auch den Wirtschaftsplänen Gebäudewirtschaft für 2024 und AWB für 2024 und 2025 können wir zustimmen.

Ich wünsche Ihnen allen ein frohes und friedliches Fest und einen guten Start in das Jahr 2024!